ein Bericht von Dieter Salden
Mai 2023
Wie es begann…
In Kaarst gibt es einen Handwerkermark in der Innenstadt, direkt an einem kleinen See gelegen. Bei meinem Besuch dort sehe ein eine kleine Gruppe, die dort ihre Modellschiffe fahren lässt. Mir kommt in Erinnerung, das ich im Keller noch den Seenotkreuzer Adolph Bermpohl mit dem Beiboot Vegesack stehen habe. Stapellauf der beiden Schiffe war 1979, das letzte Mal zu Wasser gelassen habe ich sie wohl 1982……
Es ergibt sich jedoch schnell die Frage wo ich die Schiffe fahren lassen kann. Merkwürdigerweise habe ich seit Jahren keine Modellschiffe mehr auf den mir bekannten Weihern in Düsseldorf wie Zoo park oder Benrather Schlossweiher gesehen. Ein Anruf beim Ordnungsamt bringt schnell Klarheit: auf den Weihern in Düsseldorf dürfen keine Boote mehr
mit Verbrennungs oder E Motoren betrieben werden. Vorschlag des Sachbearbeiters war: Sie können doch auf dem Rhein fahren….
Ich habe mich dann auf die Suche ins Internet begeben an welchen Orten in der Umgebung von Düsseldorf der Betrieb von Modellschiffen mit E Motor noch erlaubt ist.
Hierbei bin ich auf die ISM gestoßen, kurzfristig im Juni zum Schaufahre n der ISM nach Köln gekommen, dort einige der Mitglieder getroffen, mich sofort wohlgefühlt und kurzfristig entschieden: Ich werde Mitglied bei der ISM.
Juli 2023
Beginn der Sanierung: Bestandsaufnahme
Ein erster Blick auf die beiden Schiffe ergibt erstmal ein ernüchterndes Bild. 40 Jahre Keller inklusive Umzug haben ihr Spuren hinterlassen. Viele Dinge an Rumpf und Aufbauten sind verdreckt, verblasst, abgebrochen, verschwunden oder morsch geworden.
Die Mechanik der Heckklappe und der Lift zum Aussetzen und Einholen des Beibootes sind marode.
Das Beiboot Vegesack ist in einem etwas besseren Zustand, aber auch dringend sanierungsbedürftig.
Hinzu kommt das Problem, das der Sender der Firma Becker nicht mehr aufzufinden ist, und die Firma leider seit 2018 zudem insolvent ist und auch im Internet kein entsprechender Sender passend zu den in den Booten installierten Hardware zu finden ist. Also muss auch
hier etwas komplett Neues her.
Zunächst Sichtung im Internet, wo es noch Modellbaugeschäfte gibt, die nicht nur Online Handel betreiben, sondern auch vor Ort beraten. Mittelmäßiger Frust, in Düsseldorf gibt es da wohl nichts mehr. Ich entscheide mich für Dortmund, in 45 Minuten kommt man da mit
Auto hin (wenn die A46 mal ohne Stau ist).
Die Beratung ist perfekt, ruckzuck habe ich alles zusammen was man für die Fernsteuerung braucht und ruckzuck bin ich ärmer …… Was man nicht alles für sein Hobby tut…..
Ein erster Blick in die Bedienungsanleitung….. ein Buch mit sieben Siegeln….!!! Vor 40 Jahren war das alles etwas einfacher aber sicherlich nicht so mächtig und flexibel wie heute. Schau wir mal, irgendwann werde ich es auch verstehen….
Nächste Herausforderung: woher bekomm ich die Ersatzteile für die Adoph Bermpohl? Mit etwas Glück finde ich bei Ebay einen kompletten Beschlagsatz. Der Preis entspricht mehr oder weniger dem damaligen Preis, jetzt nur leider in Euro statt in DM.
Einen mehr oder weniger brauchbaren Baukasten kann ich auch noch über Ebay erwerben, viel ist nicht zu gebrauchen, aber die kaputten oder die mir fehlenden Kunststoffteile (wie z.B. der Wellenbrecher) sind darin in halbwegs brauchbarem Zustand vorhanden.
Ich entscheide mich, die beiden Schiffe wieder zu spritzen. Damit habe ich vor mehr als 40 Jahren gute Ergebnisse erzielt und ich hoffe, das ich das wieder hinkriege. Eine Spritzanlage besitze ich auch heute nicht, also stürme ich die Bauhäuser und decke mich mit genügend Vorrat an.
Das eigentliche Spritzen geht zwar schnell, dafür ist die Vorarbeit etwas aufwendiger. Dazu gehört nicht nur ein sauberes Schleifen, auch das Abkleben sollte sorgfältig ausgeführt werden. Ganz zu schweigen davon, das man auch die Umgebung gründlich abdecken sollte. Die „Werkstatt“ ist mehr oder weniger mit alten Zeitungen tapeziert.
Ich habe mich bei den Farben für seidenglatt entschieden. Ob das eine glückliche Entscheidung war wird sich zeigen.
Der Rumpf muss komplett neu lackiert werden. Hierbei entscheide ich mich auch die Wasserlinie zu spritzen. Der Abklebeaufwand ist erheblich, am Ende des Tages funktioniert es aber.
Vorab musste das Scharnier der Heckklappe erneuert werden. Die Graupner Lösung war mir schon vor 40 Jahren zu wackelig, ich habe eine stabilere Lösung gewählt, die auch einfache Demontage der Heckklappe ermöglicht.
Wie ich befürchtet hatte (und wie es mir auch in Erinnerung war) macht die Montage des Wellenbrechers erheblichen Ärger. Das angedachte stumpfe Ankleben des Wellenbrechers mag zwar gehen, die Festigkeit der Verbindung lässt aber zu wünschen übrig. Ich klebe innen entlang des Wellenbrechers einen vorgebogenen Messingdraht ein, verspachtele ihn
sauber mit dem Kunststoffteil und nach der Innenlackierung kann ich den Wellenbrecher ohne große Spannung auf das Deck aufsetzen. Anschließend außen noch ein wenig nachgespachtelt und das Ding sitzt sauber auf dem Deck. Wie auf dem Bild zu sehen müssen noch ein paar kleinere Korrekturen der schwarzen Linie vorgenommen werden. Die werde ich aber mit dem Pinsel ausführen.
August 2023
Sanierung Beiboot Vegesack
Nach Abschluß der Rumpflackierung entscheide ich mich dafür erst einmal am Beiboot Vegesack weiter zu arbeiten. Da kann ich dann auch die Fernsteuerung zum ersten mal ausprobieren und habe die Hoffnung noch in 2023 mit einem ersten Boot in Köln in See stechen zu können.
Auch die Vegesack braucht eine komplette Neulackierung. Hier ist die Lackierung deutlich einfacher, allein auf Grund der Größe. Problematisch ist aber, das die Vegesack undicht ist. Im hinteren Bereich in Rudernähe ist das Holzprofil vermodert und anscheinend steigt auch Wasser durch das Durchgangsrohr des Ruderschafts auf. Die Probleme können aber schnell durch ein neues Durchgangsrohr und entsprechende Spachtelungen beseitigt werden.
Der Aufbau mit Wanne und Abdeckung besteht im Bausatz aus zwei Hälften. Das ergibt eine unschöne Trennfuge im Aufbau. Zudem sieht man die eingeklebten Plastikscheiben sehr deutlich.
Im Rahmen der Sanierung ändere ich das durch einen neuen Innenaufbau, der sowohl die eingeklebten Plastikscheiben außerhalb des Fensterbereiches und die Trennfuge sauber verdeckt.
Die Grätings sind jetzt anstatt aus Abziehbildern aus Aluminiumblech. Da gab es ein interessantes Angebot bei Ebay :)…
Der Mast wurde jetzt mit zwei Toplichtern versehen, die getrennt schaltbar sind. Er ist nicht klappbar und wurde dafür einige Millimeter nach hinten versetzt.
Im Inneren wurde zur Sicherheit noch eine Schicht Silikon beidseitig entlang des Hauptspants gezogen. Der Antrieb ist noch der alte Motor, ein Monoperm mit 6 V. Da mit ist die Vegesack ein wenig über motorisiert, das hat sich aber auch vor 40 Jahren nicht negativ ausgewirkt. Die Stromversorgung (Antrieb und Empfänger) erfolgt über 5 x AAA Akkus (1,5 V, 1600mA).
Der Einbau der Fernsteuerung war problemlos, die Bauteile sind doch deutlich kleiner als vor 40 Jahren. Motor und Ruderfunktion waren nach einigen Versuchen recht einfach zu programmieren, was richtig Ärger machte war die Schaltung der Beleuchtung. Hier musste ich mich nochmal auf den Weg nach Dortmund machen, hier war das Problem nach einer Minute behoben. Was genau falsch in der Einstellung war habe ich ehrlicherweise zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht verstanden.
Abziehbilder für den Bug und neue Namensschilder habe ich mittlerweile auch im Internet als Original Abziehbilder ersteigert (Wucherpreis 13 € !!!). Die werden noch vor der Fahrt im Oktober montiert.
Die ersten Probeläufe im Waschbecken waren erfolgreich. Im Trockenlauf erzeugt die Antriebseinheit einen extrem hohen Ton(das Stevenrohr mit der Welle schwingt anscheinend), mit Belastung im Wasser ist dieser Ton aber nicht mehr vorhanden und die Lautstärke ist akzeptabel.
Ich werde im September die Vegesack mal eine längere Zeit im Wasser laufen lassen und schauen ob sich Probleme ergeben.
Einbau Motoren und Steuerelemente Adolph Bermpohl
Nach dem weitgehenden Abschluss der Arbeiten an der Vegesack kann ich mich im August noch einige Tage der Bermpohl widmen, bevor es dann endlich in den Urlaub geht.
Das Rudergestänge zwischen den einzelnen Ruderblättern fehlt. Glücklicherweise gibt es noch einen Bauplan, so dass ich die Gestänge an Hand der Pläne nachbiegen kann. Der Einbau ist ein wenig problematisch, da die Zugänglichkeit aufgrund des geschlossenen Rumpfes kaum gegeben ist. Da hilft nur ei n Stück des Decks aufzuschneiden, Gestänge einbauen, ausgeschnittenes Deckstück wieder einkleben, sauber verspachteln und schleifen und lokal nachspritzen. Der Mechanismus funktioniert so weit, wahrscheinlich muss aber in der Programmierung des Ruderservos eine Einschränkung des Ausschlages in einer Richtung vorgenommen werden, da es sonst zu einem Verklemmen des äußeren Ruderblattes kommt. Das wird aber der erste Einsatz zeigen. Als Antriebsmotoren werde ich die alten Bühler Motoren verwenden. Es sind 12 V Motoren mit kräftigem Drehmoment.
Der Einbau der Motoren kann nicht mehr so erfolgen wie vor 40 Jahren. Von den 3 Kardankupplungen, die auch in der Länge variabel waren ist leider eine Kupplung defekt. Diese Art von Kupplung gibt es anscheinend nicht me hrhr. Die Längenverstellung war sehr praktisch bei der Ausrichtung. Wie sich aber damals schon herausstellte, stellten die Kupplungen ein gewisses Risiko da. Blockierte die Schiffsschraube aufgrund eines Gegenstandes im Wasser so ist es vorgekommen, das die Kupplungselemente auseinander flogen und wie auch einmal geschehen auch die anderen Kupplungen zerlegten.
Ich habe jetzt im Trägerboden Längstlöcher eingebracht und je zwei Muttern auf einem Messingblech aufgelötet. Die neigungsverstellbaren Motorenträger werden zunächst lose über Gewindeschrauben mit den unter dem Trägerboden liegenden Messingblechen (je 1 Blech für die Außenmotoren, 2 Bleche für den Mittelmotor) verschraubt. Dann wird der
Trägerboden auf Träger im Rumpf über Gewindeschrauben befestigt, d ie Motoren über die neuen Kardankupplungen mit den Wellen verbunden und anschließend in allen Achsen ausgerichtet.
Die Ausrichtung habe ich zunächst über Gehör gemacht, eine Ausrichtung über Messung der Stromaufnahme werde ich gegebenenfalls noch nachholen.
Im Trockenlauf ist ein erheblicher Geräuschpegel vorhanden (ähnlich der Vegesack). Ich kann mich leider nicht mehr an den Geräuschpegel im Trockenlauf vor 40 Jahren erinnern.
Als nächstes wird ein Probelauf im eigens dafür geschaffenen “Wasserdock” (wir haben keine Badewanne sondern nur eine Dusche) erfolgen. Das Wasserdock ist ein circa 170 cm
langes Holzgebilde, das mit einer Teichfolie ausgekleidet und mit einem eigenen Abfluß versehen wurde, so dass ich die Bermpohl darin testen kann und auch das Auf und Ablassen der Vegesack darin ausführen kann.
Wenn auch nicht originalgetreu werde ich 2 Blatt Rennschrauben als Schiffsschrauben einsetzen. Damit lief die Bermpohl bisher auch sehr flott.
Da die alten Schrauben hinüber sind werde ich jetzt für die Außenmotoren zunächst probeweise Rennschrauben mit 47 mm Durchmesser, 40iger Steigung (rechts und links laufen) und für den Mittelmotor eine
Rennschraube mit 50 mm Durchmesser und 47iger Steigung einsetzen.
Wenn ich mich dunkel an die Strömungslehrevorlesung in meinem Maschinenbaustudium erinnere ist die sogenannte Froudzahl u.a. entscheidend für das Wellenbild, das das Schiff bei voller Fahrt abgibt. Ist die Froudzahl des Orignal und des Modells gleich ergibt sich das
gleiche Wellenbild. Daraus ergibt sich, das die Maximalgeschwindigkeit des Modells gleich der Geschwindigkeit des Originals dividiert durch die Quadratwurzel des Maßstabes sein muss.
Die Höchstgeschwindigkeit der Adolph Bermpohl lag bei 19 Knoten (35,2 km), das Modell ist im Maßstab 1: 22. Daher müsste das Modell eine Geschwindigkeit von 7,5 km/h erreichen.
Die Motoren werden alle getrennt gesteuert, um so eine höhere Manöverierfähigkeit, wie z.B. Wenden auf der Stelle, zu erhalten. Über Mischerfunktionen des Senders können die Motoren dann je nach Bedarf zu einer vereinfachten Handhabung zusammengeschaltet werden.
Die Heckklappe wird über eine Gewindestange gesenkt und gehoben, das Gleiche gilt für die Aufnahmevorrichtung des Beibootes. Die Ansteuerung erfolgt für beide Motoren auch über Fahrtregler.
Aus Vereinfachungsgesichtspunkten wurden 5 identische Fahrtregler gewählt. Zudem wird die Empfängerspannung über einen Konstantspannungsregler von der 12 V Fahrakku zur Verfügung gestellt.
Die Stromverteilung für die Fahrtregler wurde auf die Rückseiten der jeweiligen Trägerplatten montiert. Die einfache Zugänglichkeit ist durch die Schraubverbindung sichergestellt.