Einstieg ins Hobby

Wie fängt man an?

von Guido Plützer

Die Antworten auf diese Frage haben sich in den letzten Zeiten deutlich geändert. Sehr preiswerte Fernsteuersender und Elektronikkomponenten aus fernöstlicher Produktion haben die finanziellen Hürden für die Ausstattung des ersten eigenen Schiffsmodells geradezu dramatisch nach unten verschoben. Erschwingliche „ready to run“-Modelle verhelfen auch dem Neueinsteiger zu einem schönen Schiff, der in der Wohnung weder mit stinkenden Lacken hantieren noch staubintensiv schleifen und schmirgeln kann. Doch die Veränderungen des Marktes hatten für uns Schiffsmodellbauer auch negative Konsequenzen: So sind z.B. die deutschen Vollsortimenter Graupner und Robbe nach Insolvenz mit ihrem Produktprogramm verschwunden und viele schöne Schiffs-Modellbaukästen und riesige Beschlagteil- und Zubehör-Sortimente sind leider aus den Regalen der Modellbauhändler verschwunden.

Wir wollen hier allen Neueinsteigern und am Schiffsmodellbau Interessierten die Fragen beantworten, welche fast immer gestellt werden:

Wie komme ich zu meinem ersten Modell?

Was benötige ich für eine Fernsteuerung?

Welchen Antrieb benötigt mein neues Modell?

Welche Akkus und Ladegeräte als Einsteiger?

Welche Online-Informationsquellen habe ich?



Wie komme ich zu meinem ersten Modell?

Fertigmodell
Am schnellsten mit einem Fertig-Modell („RTR“, was für ready-to-run steht), bei dem nur noch wenige Einbauten getätigt werden müssen und bei dem alle arbeitsaufwändigen Bauschritte schon (meistens) perfekt erledigt worden sind. Beispiele sind der Fischkutter ELCANO II oder der Hafenschlepper FAIRPLAY VI von Modellbau Lindinger. Diese Fertigmodelle sind auf den ersten Blick teuer – wenn man aber die gesparten Baustunden, die gelieferte Qualität und den Preis eines normalen Baukastens einkalkuliert, recht preiswert. Dies erst recht, wenn man berücksichtigt, dass bei den RTR-Modellen auch schon die Motoren, Kupplungen und Wellen eingebaut sind und man nur noch einen RC-Sender, Empfänger, Steller und einen Akku benötigt.


Als Fertigmodelle gibt es auch eine Vielzahl von sehr ansprechenden Rennbooten, die hohe Geschwindigkeiten versprechen. Leider verbietet die KSO in Köln auf den Gewässern das Fahren mit Geschwindigkeiten über 6 km/h. Dies sollte man berücksichtigen, um Ärger und Enttäuschungen zu vermeiden, wenn man mit seinem neuen Erwerb am Gewässer erstmals auftaucht. Für alle Einsteiger, die nicht beabsichtigen auf Kölner Gewässern zu fahren, versprechen diese Rennboote wirklich Spaß und Nervenkitzel.

Baukasten
Wer gerne selber baut und die nötigen Grundkenntnisse hat, über einen Baukeller verfügt, in dem er auch kräftig sägen, schleifen, löten und lackieren kann, dem steht die Welt der Baukästen offen. Hier gibt es eine Vielzahl von Modellen. In der Regel liegt dem Baukasten ein Fertigrumpf und Fertigteile für die Aufbauten bei sowie alle Beschlagteile für Reling, Poller, Lüfter, Masten, Takelage usw. Immer ist auch ein Bauplan und eine detaillierte Bauanleitung beigefügt, mittels denen man mit einem Zeitaufwand von 30 bis 100 und mehr Stunden zu einem sehr ansehnlichen Modell kommt. Beispiele für Anfängermodelle sind die Barkasse FELIX von Krick oder das SAR-Boot von Aeronaut.

Bau nach Bauplan
Früher sehr weit verbreitet – aber heute kaum noch von Einsteigern praktiziert ist der Bau nur nach einem gekauften Bauplan. Dieser ist der einzige Weg, an ein Modell eines ganz speziellen Schiffs zu kommen, von dem es weder Fertigmodelle noch Baukästen gibt. Da hier sehr gute Modellbau-Fähigkeiten unabdingbar sind, ist der Bau nach Plan für eine Anfängerin oder Anfänger in der Regel nicht empfehlenswert.

Kauf eines gebrauchten Schiffs
Die Verkaufsplattformen, Kleinanzeigenmärkte und Modellbauforen sind voller Verkaufsanzeigen für gebrauchte Schiffe. Hier eine deutliche Warnung: Verständlicher Weise werden nur selten tadellos gebaute und gut funktionierende Schiffe angeboten, sondern leider meist unvollendete „Ruinen“ mit oftmals fehlenden Teilen oder Uralt-Modelle mit völlig veralteter RC-Technik und festgerosteten Wellen oder Motoren. Zieht man einen solchen Kauf in Betracht, kann die Arbeitszeit zur Restauration der „Ruine“ weit über den zeitlichen und finanziellen Aufwand des Baus eines neu gekauften Baukastens hinausgehen. Als Einsteiger sollte man vor dem Kauf immer einen erfahrenen Modellbauer zu Rate ziehen oder zur Besichtigung mitnehmen.

Modell aus dem 3D-Drucker
Die moderne Technologie des 3D-Drucks erweitert aktuell auch den Schiffsmodellbau um völlig neue Möglichkeiten. Anfänglich für die Herstellung von Beschlagteilen (Rettungsboote, Geschütztürme, Kräne, Lüfter usw.) eingeführt, sind mittlerweile auch ganze Schiffsmodelle mit ihren Einzelteilen aus dem 3D-Drucker verfügbar. Diese werden aktuell fast immer auf privater Basis und in Kleinstserie vom Designer/Programmierer der Druck-Modelle vertrieben. Jedoch ist absehbar, dass schon bald Baukästen für Schiffsmodelle auch kommerziell angeboten und den Markt bereichern werden.

Was benötige ich für eine Fernsteuerung?

Die früher üblichen 40MHz Sender mit Wechselquarzen sind nahezu völlig verschwunden (Ausnahme: U-Boot!) und heute beherrscht die 2,4 GHz-Technologie den Markt. Sender und Empfänger sind in guter Qualität sehr preiswert erhältlich. Wo früher Fernsteuerung von Graupner oder Robbe dominierten sind heute die Systeme aus China von FrSky, Turnigy oder Radiomaster weit verbreitet. Einsteiger sei z.B. der Sender Radiomaster TX16S empfohlen.

Welchen Antrieb benötigt mein neues Modell?

Heute werden nahezu 99% aller Schiffsmodelle mit einem Elektromotor und Akkus angetrieben. Der Antrieb mit einem Verbrennungsmotor mit Methanol oder Benzin-Antrieb ist heute nahezu überall aus Umweltschutz-Aspekten verboten. Lediglich die Dampfmaschine als stilgerechter Antrieb von historischen Modellen ist noch ab und zu zu sehen, da sie nicht als Antrieb mit Verbrennungsmotor eingestuft wird.

Der Einsteiger wird also einen Elektromotor einsetzten. Mittlerweile hat sich der bürstenlose Motor („brushless Motoren“) im Modellbau weitestgehend durchgesetzt, da er deutlich höhere Drehmomente und eine längere Lebensdauer verspricht als die Motoren, welche mit Bürsten kommutiert werden („brushed Motoren“). Dank fernöstlicher Massenproduktion sind solche Motoren heute billig zu bekommen.

Der Elektromotor wird durch einen Steller (oft fachlich falsch als Drehzahl-Regler bezeichnet) mit Strom versorgt. Die Regler sind ebenfalls in den Modellbaushops sehr preiswert verfügbar. Wichtig ist, die Belastbarkeit in Ampere Motorstrom entsprechend zum Motor zu wählen. Hier kann man sich bei Fertigmodellen oder Baukastenmodellen immer an den Empfehlungen der Hersteller orientieren.

Mit welchen Akkus und Ladegeräten kann ich einsteigen?

Habe ich mich für ein „ready-to-run“-Modell entschieden, dann benötige zusätzlich zum Regler noch einen Akku und ein passendes Ladegerät. Akkus gibt es in verschiedenen Typen, welche sich hauptsächlich im Ladeverfahren unterscheiden. Der Bleiakku war viele Jahrzehnte der in Schiffsmodellen hauptsächlich eingesetzte Akku-Typ. In kleineren Schiffen und Rennbooten sind Nickel-Akkus mit 5-8 Zellen vom Typ NiMH sehr beliebt, da sie mit Schnellladeprogrammen wieder „aufgefüllt“ werden können. Im Modellbau hat sich aber nun seit Jahren der Lithium-Polymer-Akku („LiPo“) durchgesetzt. Er bietet höchste Energiedichte, geringes Gewicht und sehr hohe Entnahme- und Ladeströme. Jedoch setzt der Umgang mit den sehr reaktionsfreudigen LiPo-Zellen eine gewisse Erfahrung und Vorsicht voraus.
Akku-Typ und Größe kann der Einsteiger der Bauanleitung seines neu erworbenen Fertig- oder Baukastenmodells entnehmen.

Computergesteuerte Ladegeräte sind heute mit Leistungsdaten und zu Preisen zu kaufen, die noch vor 5 Jahren unvorstellbar waren. Einsteiger sollten sich z.B. das ISDT SMART DUO CHARGER P10 anschauen. Es bietet die Möglichkeit, zwei Akkus gleichzeitig und unabhängig zu laden mit wirklich satter Leistung zu einem sehr günstigen Preis. Hier wird aber für das Laden zu Hause ein 12 Volt-Netzteil oder einfach eine alte Autobatterie benötigt.

Der HOTA D6 PRO DUAL LADER hat sogar neben zwei Ladeausgängen ein eingebautes Netzteil und lässt sich sowohl zu Hause an der Steckdose wie auch unterwegs an der 12 Volt Autobatterie betreiben. Seine Leistungsdaten sind selbst für das Laden großer LiPo-Akkus für große elektrisch betriebene Rennboote ausreichend.  Auch dieses Ladegerät lädt zwei Akkus aller Typen gleichzeitig.

Welche weitere Online-Informationsquellen habe ich?

Wer sich über die Technologie und die aktuellen Trends informieren möchte, dem seien die großen Schiffs-Modellbau-Foren im Internet dringend an Herz gelegt wie z.B. https://www.rc-modellbau-schiffe.de/. Einsteiger finden auch bezüglich vieler anderen Fragen Anregungen, Hilfestellungen und Inspiration.
Nutzer sozialer Netzwerke sei die mit über 4500 Abonnenten größte Newsgroup im Bereich Schiffsmodellbau empfohlen. Hier werden sehr viele Aktualitäten ausgetauscht und Bautipps gegeben.

https://www.facebook.com/groups/RC.Schiffsmodellbau